Hundert mal stärker als Heroin
23.07.2024 11:52 (36 x gelesen)
Fentanyl ist in geringsten Dosen tödlich und taucht als Beimischung in Drogen auf
Polizisten versuchen, in den USA einen Mann festzunehmen. Der wehrt sich heftig, entwindet sich den Griffen der Beamten, kracht im Fallen mit dem Kopf in eine Schaufensterscheibe. Die geht zu Bruch, der Mann aber randaliert ungerührt weiter. Er ist high auf Fentanyl, der „Zombie-Droge".
Fentanyl ist ein synthetisches Opioid, eigentlich als sehr starkes Schmerzmittel entwickelt 100 Mal stärker als Heroin, in der Herstellung sehr viel billiger. Und wesentlich tödlicher. Für die meisten Menschen liegt die tödliche Dosis bei zwei Milligramm. Ein Stäubchen, das ohne Laborausrüstung unmöglich abzuschätzen oder gar zu dosieren ist.
Die Gefahr liegt bei Fentanyl nicht im Konsum aus ursprünglich legalen Quellen. Konsumenten kochen sich Schmerzp?aster aus und spritzen den Stoff häu?g. Rouven Siegele, stellvertretender Leiter der Jugend- und Drogenhilfe Heilbronn, sagt: „Wir kennen Fentanyl seit vielen Jahren. Das wird gezielt genommen. Als Beimengung zu anderen Drogen wie in den USA spielt das in der Heilbronner Drogenszene keine Rolle." Aber genau darin liegt die drohende Gefahr.
Denn: In Afghanistan ist der Opiumanbau im Jahr 2023 unter der Herrschaft der Taliban um 95 Prozent eingebrochen. Wenn die Dealer nicht mehr zu genügend Rauschgift kommen, den Heroinmarkt zu bedienen - dann müssen sie das Suchtmittel strecken, um den gewünschten
Rausch hervorrufen. Genau dann wird Fentanyl gefährlich: billig, einfach herzustellen und hochgefährlich, vor allem bei unbewusstem Konsum. Die Abhängigen nehmen oft mehrere Drogen gleichzeitig: Alkohol, Cannabis, Heroin. Wenn zu diesem Cocktail noch - ohne das Wissen des Konsumenten - das hochwirksame Fentanyl dazukommt, dann wird es schnell lebensgefährlich.
Und genau jetzt taucht der potenzielle Killer als Beimengung zu anderen Drogen auch in Deutschland auf. Die Deutsche Aidshilfe untersucht in einer Studie seit Dezember 2022 bis Januar dieses Jahres 1.400 Heroinproben aus sieben Großstädten, von denen durchschnittlich 3,5 Prozent Fentanyl enthielten. Der deutsche Drogenmarkt verhält sich nicht anders als jeder Markt: Internationale Entwicklungen kommen irgendwann auch hier an. Sinkt die Roh-Opium-Produktion, wird sich der Drogenmarkt den neuen Gegebenheiten anpassen. Allerdings bislang noch nicht im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Heilbronn. Jörg Tüx, der Leiter des Rauschgiftdezernats, sagt: „Wir hatten bislang noch keine Beimengungen von Fentanyl." Das Schmerzmittel sei aber nichtsdestotrotz hochpotent und gefährlich.