Unter Drogen am Steuer
Von Dieter Roßkopf
Als B. mit seinem Pkw am 20. Februar 2014 in eine Verkehrskontrolle geriet, wies er eine THC-Konzentration von 1,5 ng/ml im Blut auf und stand infolgedessen unter der Wirkung von Cannabis. Gegen ihn erging daher ein Bußgeldbescheid mit Verhängung einer Geldbuße und eines Fahrverbots von einem Monat. Dagegen legte B. Einspruch ein.
Im Rahmen der Verhandlung vor dem Amtsgericht schwieg er zu dem ihm gegenüber erhobenen Vorwurf. In seinem Urteil bestätigte das Amtsgericht die Strafe aus dem Bußgeldbescheid. Hiergegen ließ B. Rechtsbeschwerde erheben. Er machte geltend, das Amtsgericht habe nicht davon ausgehen dürfen, dass er fahrlässig gehandelt habe. Es habe hierzu keine konkreten Feststellungen treffen können. Das Oberlandesgericht legte daraufhin die Sache dem BGH mit der Frage vor, ob ein Gericht dann, wenn ein Kraftfahrer den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC bei der Fahrt erreicht, auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß bezüglich des Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel schließen dürfe, solange nicht reale Anhaltspunkte vorliegen, die einen solchen Rückschluss entkräften und das Tatgericht veranlassen müssen, sich mit der Möglichkeit eines abweichenden Tatverlaufs auseinanderzusetzen.
Das Urteil (BGH, Beschluss vom 14.02.2017, Az. 4 StR 422/15 (OLG Oldenburg))
Der BGH sieht keine Bedenken, die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts zu bestätigen. Er entscheidet, dass der Tatrichter dann, wenn der analytische Grenzwert einer THC-Konzentration im Blut erreicht wurde, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen auf ein sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des Bußgeldtatbestandes schließen und Fahrlässigkeit des Betroffenen annehmen darf.
Der Kommentar
Bis jetzt konnte es eine schlaue Verteidigungstaktik sein, beim Vorwurf einer Drogenfahrt im Sinne des § 24 a StVG sich darauf zu berufen, der Drogenkonsum liege bereits längere Zeit zurück, und sich anschließend schweigend zu verteidigen. So wurde es dem Gericht schwer und oft unmöglich gemacht, den Fahrlässigkeitsvorwurfgegenüber dem Täter zu begründen. Mit dieser Entscheidung hat der BGH diese Verteidigungstaktik beseitigt. Das Gericht darf allein aus der Erreichung des analytischen Grenzwertes und damit allein aus dem Ergebnis einer Blutprobe auf den Sorgfaltsverstoß des Betroffenen schließen. Es ist jetzt dessen Aufgabe, diesen Vorwurf durch einen entsprechenden Tatsachenvortrag zu entkräften. Ein solcher Vortrag könnte beispielsweise in einer schlüssigen Einlassung in Verbindung mit der Vorlage eines gerichtsmedizinischen Gutachtens bestehen. Einfach wird die von jetzt an notwendige Beweisführung jedoch in keinem Fall sein. Bedenkt man, dass in solchen Fällen ja auch noch verwaltungsrechtliche Konsequenzen in Bezug auf die Fahrerlaubnis neben dem Bußgeldverfahren auf Betroffene zukommen, darf man annehmen, dass zukünftig deutlich weniger Bußgeldverfahren streitig durchgeführt werden als bisher.Quelle Heilbronner Stimme 8. Juli 2017